➠ Bahn/öffentlicher Nahverkehr: Das nervt wirklich jeden
Eigentlich sind der öffentliche Nahverkehr (Öffi) und die Bahn das perfekte Verkehrsmittel, gerade in Zeiten hoher Kraftstoffpreise. Man steht nicht im Stau und kann während der Fahrt lesen oder arbeiten oder einfach nur abschalten. Eigentlich … Denn im Alltag der Bahn- und Öffi-Kunden nerven viele Dinge und fordern den Nutzern von Bahn und Öffis geradezu masochistische Nehmertugenden ab. Ein Überblick, der ausnahmslos eigene Erfahrungen widerspiegelt.
Schmutzige Züge, verschmutzte und zerrissene Sitzpolster, Erbrochenes
In Nahverkehrszügen sowie vor allem in S- und U-Bahnen sind schmutzige oder gar aufgerissene Sitzpolster ein häufiges Ärgernis. Mitunter liegt sogar Erbrochenes am Boden. Vermutlich lässt sich das angesichts der starken Benutzung durch ständig wechselnde Passagiere nicht ganz vermeiden. Doch rücksichtslose Fahrgäste, die ihre Schuhe auf den Polstern ablegen oder “Vandalen”, die bewusst die Polster aufschlitzen, machen das Ganze noch schlimmer. Das hat aber auch sein Gutes: Wir sitzen ohnehin alle viel zu viel, da tut es unserer Gesundheit gut, wenn wir auch mal stehen bleiben.
Geruchsbelästigung: Meine Nase will (Elektro)-Auto fahren
Neben optischen Ärgernissen spielen im Nahverkehr auch olfaktorische Belästigungen eine Rolle. Denn in Bus und Bahn kommt man sich zwangsläufig nahe. Besonders der Geruch von Schweiß gehört im öffentlichen Nahverkehr einfach dazu. Duftbäume beziehungsweise Wunderbäume, wie man sie aus Autos kennt, würden hier kaum für Abhilfe sorgen. Außer man pflanzt einen ganzen Wald von Wunderbäumen in jedem U-Bahnwagen.
Lärmende und laut telefonierende Sitznachbarn
Relativ einfach reduzierbar wäre dagegen die Lärmbelästigung in den Nahverkehrsmitteln: Würden alle leiser sprechen und niemand seine Umgebung mit lauter Musik beschallen. Auch laut geführte Telefonate haben in der Regel keine so spannenden Inhalte, dass wirklich alle im Abteil mithören wollen (Ausnahmen bestätigen die Regel). In Einzelfällen sind auch mal Musikanten die Quelle des Lärms. Sie steigen in den Zug ein und zwangsbeglücken die Fahrgäste mit einigen Takten selbst gespielter Musik und bitten anschließend dafür um eine Geldspende. Das fällt fast schon in die Rubrik “Schutzgelderpressung”, so grausam schlecht, wie einige dieser Straßenmusikanten spielen.
Völlig unverständliche Durchsagen im Zug: Gratis-Hörtest der Deutschen Bahn
So laut mitunter die Artikulationen der Mitreisenden sind, so leise sind oft die Durchsagen, die der Schaffner über die Zuglautsprecher verkündet. Meist handelt es sich dabei um durchaus wichtige Informationen über Anschlusszüge oder Verspätungen. Doch alles, was man aus den Zug-Lautsprechern hört, ist oft nur ein Knarzen und Krächzen. Oder alternativ ein Flüstern. Unsere Vermutung: Das ist ein besonderer Service der Deutschen Bahn AG in Kooperation mit den HNO-Ärzten und den Hörgeräteakustikern. Sozusagen ein kostenloser Hörtest. Wenn Sie also das nächste Mal darüber rätseln, was der Zugbegleiter gerade durchgesagt hat, dann ärgern Sie sich nicht über das unverständliche Gemurmel, sondern danken Sie der Bahn für diesen tollen Gratis-Service für Ihre Ohren.
Nicht funktionierende und/oder verstopfte WCs
Nicht nur störend oder ärgerlich, sondern sogar extrem unangenehm können Zug-WCs sein, die entweder nicht funktionieren, verstopft sind oder gleich ganz abgesperrt sind. Da eine Fahrt mit dem Zug zwischen zwei Haltestationen ja doch deutlich länger dauert als eine U-Bahnfahrt, kann dieser Zeitraum ohne Toilette ganz schön lang werden. Mit dem Auto fährt man halt mal schnell ran, um sich zu erleichtern, aber machen Sie das mal mit dem Zug. Das Ziehen der Notbremse empfiehlt sich jedenfalls nicht …
Viele zu hohe Preise
Ein genereller Kritikpunkt vor allem an der Bahn sind deren Preise. Wenn eine knapp über 100 Kilometer lange einfache Fahrt mit einem Nahverkehrszug ohne Ermäßigung mindestens 27 Euro kostet, dann ist das einfach absurd teuer. Zumal man mit dem Zug ja noch nicht an der Haustür steht, sondern noch weiterfahren muss. Doch Rettung ist nach langem Gerangel in Sicht: Das 49 Euro-Ticket. Damit wird die Nutzung des Regionalverkehrs endlich bezahlbar. Das 49-Euro-Ticket als Nachfolger des so ungemein erfolgreichen 9-Euro-Tickets könnte dem Nahverkehr im Autofahrerland Deutschland einen Riesenschub verleihen. Trotz eines FDP-Verkehrsministers Volker Wissing, der beim Thema öffentlicher Nahverkehr und Bahn immer so schaut, als säße er auf einem Zahnarztstuhl …
Kompliziertes Tarifmodell und in jeder Region neue Tickets erforderlich
Die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs macht in Deutschland oft schon allein wegen der komplizierten und von Region zu Region unterschiedlichen Tarifmodellen keinen Spaß. Für jeden Tarifverbund benötigt man zudem ein neues Ticket. Auch die Bahn bietet ein oft undurchschaubares Durcheinander unterschiedlicher Fahrkarten. Doch Rettung ist in Sicht: Mit dem 49-Euro-Ticket kommt endlich ein Ticket, mit dem man in ganz Deutschland alle Nahverkehrsmittel nutzen kann. Für das überregulierte Deutschland ist das eine unglaubliche Verbesserung: Sie steigen einfach in den Zug, Bus, Straßenbahn oder U-Bahn ein und fahren los. Unfassbar! Mehr dazu lesen Sie in dem Beitrag Deutschlandticket/49-Euro-Ticket: Das müssen Sie wissen – FAQ.
Langsame Verbindungen
Sofern man nicht gerade im ICE unterwegs ist, ist Zug fahren meist keine besonders schnelle Art des Vorwärtskommens. Mit dem Auto ist man oft schneller am Ziel, sofern man nicht gerade zu den Stoßzeiten (morgens vor Arbeitsbeginn und nach Feierabend) unterwegs ist. Oft fährt der Zug ohne erkennbaren Grund sogar besonders langsam. Sei es wegen einer Baustelle oder weil eine voraus fahrende S-Bahn den eigentlich schnelleren Zug ausbremst.
Kein Mobilfunkempfang im Zug
Zwar beglücken uns die drei großen deutschen Mobilfunkprovider fast im Monatstakt mit neuen Jubelmeldungen über den Ausbau ihrer Mobilfunknetze. Doch die Handynutzung in den Zügen bleibt eine Qual. Oft hat man gar kein Netz oder kann allenfalls telefonieren – mit Aussetzern. Das hat aber durchaus seine positiven Seiten: Endlich kann man wieder mal in Ruhe ein Buch lesen. Und falls sich Bahnkunden zusammensetzen, die unterschiedliche Provider nutzen, ist ein unterhaltsames Gesellschaftsspiel möglich. Titel: “Wie viele Balken sehe ich gerade auf dem Handy-Display?” Das läuft dann so: Der Telekom-Nutzer jubelt – ich habe einen Balken. Der Vodafone-Nutzer schüttelt und rüttelt an seinem Handy, bis er endlich ausrufen kann: Hurra, auch ein Balken. Und der O2-Kunde fragt: Balken?
Das dürfte übrigens vorerst so bleiben, dank der Regulierungsbehörde. Mehr dazu lesen Sie in dem Artikel Schlechter Handy-Empfang: Telekom und Bahn wollen LTE 900 früher in den Zügen,
Kein Mobilfunkempfang in der U-Bahn
In der Regel ist der Mobilfunkempfang in Bussen und Bahnen der Öffis zwar deutlich besser, schließlich befindet man sich ja in einem Ballungsraum. Doch Telefonaussetzer und langsame Internetverbindungen erleben wir durchaus auch in der U-Bahn in München. Einige Tage lang waren wir sogar völlig ohne Handyverbindung in der U-Bahn unterwegs. Die Antwort unseres Providers: Man habe gerade in München die Infrastruktur verbessert. Oder in vollem Wortlaut:
Unsere Netztechniker:innen nehmen im Bereich der U-Bahn aktuell einen Umbau und eine Modernisierung unserer Mobilfunkanlage vor. In diesem Zuge erweitern wir die verfügbaren 4G-Kapazitäten, so dass Ihnen und allen anderen Kund:innen nach Abschluss der Arbeiten eine noch bessere Performance (Anm.: Fettung erfolgt durch die Redaktion) zur Verfügung stehen wird. Gleichzeitig bereiten wir das Mobilfunksystem auf 5G vor. Die Baumaßnahmen werden streckenweise und zügig durchgeführt und dauern insgesamt voraussichtlich bis etwa Ende Juni/Anfang Juli. In der Regel wird in den wechselnden Bauabschnitten mindestens einer der beiden vorhandenen Mobilfunkservices, GSM/2G oder LTE/4G, verfügbar sein. Etwaige Einschränkungen auf einzelnen Abschnitten bedauern wir sehr und bitten um Ihr Verständnis.
Das scheint zu stimmen, nach einigen Tagen hatten wir wieder Handyempfang. Und zwar genauso schlecht wie vor den Verbesserungsmaßnahmen … Doch was soll’s, der Mensch braucht Konstanten im Leben, die ihm Halt geben.
Unfreundliche Zugbegleiter
Mitunter glänzen Zugbegleiter nicht immer durch Freundlichkeit. Nur zwei Beispiele: Der Zug hält, doch die mechanisch zu entriegelnde Tür kann nicht geöffnet werden. Draußen auf dem Bahnsteig steht wartend eine Zugbegleiterin ohne zu helfen, sie schaut sich den Kampf der Passagiere nur an. Mehrere Passagiere versuchen, die Tür von innen aufzubekommen, doch zunächst vergebens. Irgendwann öffnet sich die Tür dann doch und die ersten Fahrgäste setzen ihren Fuß auf den Bahnsteig. Woraufhin sie sofort von der Schaffnerin in einem schroffen Ton angeraunzt werden, dass sie doch nicht so ungeduldig sein sollten …
Ein anderes Beispiel: Ich brauche noch ein Ticket für den Zug, der gleich abfährt. Doch der einzige Fahrkartenautomat in der Nähe ist defekt. In den Zügen der Bahn-Konkurrenten wäre es kein Problem, nun einfach ohne Ticket in den Zug zu steigen. Wenn man sich dann im Zug sofort beim Schaffner meldet, gilt das nicht als Schwarzfahrt und man bekommt problemlos ein Ticket. Doch mein Zug ist ein Zug der Bahn AG. Also ist Vorsicht geboten, die Bahn bietet nicht den Service, Tickets im Zug zu lösen. Außer man gibt dem Schaffner vorher Bescheid: Genau das mache ich. Der Schaffner nickt und bestätigt mir, dass ich dann bei ihm nachher im Zug das Ticket kaufen könnte. Einige Minuten später erreicht der Schaffner dann meinen Sitzplatz, er erkennt mich auch sofort und stellt mir ein Ticket aus (ohne Aufpreis). Doch damit verbunden ist eine längere Belehrung, dass ich ja eigentlich früher zum Bahnhof aufbrechen und mir einen anderen Automaten suchen hätte können, der etwas weiter weg stand. Da möchte man beim nächsten Mal doch lieber wieder Auto fahren …
Bahnmitarbeiter, die falsche Abfahrts- und Gleisanzeigen auf dem Bahnsteig leugnen
Der Schaffner hat immer Recht. Punkt. Ein Beispiel: Die Anzeige am Bahnsteig kündigt die Abfahrt des angeblich bereitstehenden Zuges an. Doch besagter Zug steht nicht auf dem genannten Gleis. Ein Blick in die Bahn-Navigator-App zeigt, dass das Abfahrtsgleis geändert wurde. Nur dass eben das Display am Bahnsteig nach wie vor die veralteten Angaben zeigt. Also hetze ich los zum neuen Bahngleis und erwische gerade noch den Zug, der dort wie in der App angekündigt steht. Als ich den Schaffner frage, wieso die Anzeige am Bahnsteig bis zuletzt falsch war und ich und einige andere neben mir stehende und zusammen mit mir los sprintende Fahrgäste deshalb um ein Haar den Zug verpasst hätten, antwortet der: “Das kann nicht sein, die Anzeige war korrekt”. Erst als sich die anderen Zugreisenden einschalten, die ebenfalls auf dem ursprünglich angekündigten Gleis gewartet hatten, und mir zustimmen, dass die Bahnsteiganzeige bis zuletzt falsch war, gibt der Schaffner kleinlaut bei.
Notorisch falsche Bahnsteiganzeigen – selbst dem Lokführer platzt der Kragen
Falsche Bahnsteiganzeigen sind aber keineswegs nur auf die Deutsche Bahn beschränkt, auch die Nahverkehrsbetriebe gönnen ihren zahlenden Kunden gerne ein paar ungeplante Sprinteinlagen, weil diese auf die Bahnsteiganzeigen vertrauen und deshalb auf den falschen Bahnsteigen warten. Nur gut, wenn resolute Zugführer hier korrigierend eingreifen. Wie vor längerer Zeit ein U-Bahn-Fahrer der Münchner Verkehrsbetrieb: Während größerer Umbaumaßnahmen bei der Münchner U-Bahn wurden Pendelzüge eingerichtet und die U-Bahnen fuhren nicht an den gewohnten Bahnsteigen ab. Das ist eigentlich kein Problem und durchaus nachvollziehbar, blöd ist nur, wenn die zentral gesteuerten Anzeigen auf den Displays über den Bahnsteigen völlig falsche U-Bahnen, Ziele und Zeiten anzeigen. Einem U-Bahn-Fahrer platzte lautstark der Kragen und er informierte – völlig zu Recht – über seine Lautsprecher die ratlos auf dem Bahnsteig herumstehenden Passagiere: “Achten Sie nicht auf Anzeigen am Bahnsteig. Die sind völlig falsch. Ich bin der Zug nach Fürstenried West, steigen Sie also bei mir ein”. Vorbildlich. Allerdings stellen sich jetzt zwei Fragen: Wieso zeigen die Displays dann irgendwelchen Nonsens an? Und wieso bemerken die Mitarbeiter in der zentralen Leitstelle der MVG nicht die verkehrten Anzeigen?
Häufige Verspätungen
Exakt während ich diesen Artikel schreibe, schickt mir ein externer Mitarbeiter die Nachricht, dass er im Zug unterwegs ist und 45 Minuten Verspätung hat. Das passt perfekt. Denn Verspätungen sind hierzulande die Regel und nicht die Ausnahme, wie alle Bahnfahrer wissen. Da stellt sich die Frage: Wenn die Züge schon überlastet sind und die Bahn weiß, dass der Zeitplan nicht einzuhalten ist, wieso werden dann nicht von vornherein realistische Abfahrtszeiten angezeigt? Es bringt niemanden etwas, wenn man auf dem Bahnsteig steht und warten muss. Niemand kritisiert die Bahn dafür, dass sie von der Politik jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt, ständig an ihr herum reformiert und sie fast zu Tode gespart wurde. Dafür kann die Bahn nichts. Doch wenn die Infrastruktur dank der politischen Vorgaben nicht mehr so leistungsfähig ist, dann sollten die Züge eben realistisch an das technisch Mögliche ausgerichtet eingeplant und die Fahrpläne etwas ausgedünnt werden. Wenn im Gegenzug die dann noch fahrenden Züge wenigstens pünktlich fahren.
Ausfallende Züge, über die man nicht informiert wird
Noch ärgerlicher als Verspätungen sind Züge, die gleich ganz ausfallen. Wobei Verspätungen durchaus in Ausfälle übergehen können, wie wir aus eigener Erfahrung wissen. Auch hier gilt: Wieso wird der Zugausfall nicht zeitnah in der App und auf der Bahn.de-Webseite berücksichtigt? Wieso werden dort während unserer Planung noch Züge angezeigt, die zwei Stunden später, wenn wir am Bahnsteig stehen, plötzlich als ausgefallen gelten? Dieses Chaos wird noch dadurch erschwert, dass sich die Anzeigen auf der Bahnsteiganzeige, in der App und auf bahn.de durchaus widersprechen können. Da kann es schon mal vorkommen, dass auf dem Bahnsteig ein Zug noch mit Verspätung angezeigt wird, der in der App bereits als storniert gilt. Und wir ratlos auf dem Bahnsteig stehen. Willkommen im Hightech-Land Deutschland.
Widersprüchliche Angaben in Bahn-App, Webseite und auf der Bahnsteiganzeige
Ein Klassiker sind widersprüchliche Angaben in Bahn-Navigator-App, auf Bahn.de und auf den Bahnsteiganzeigen. Man würde denken, dass die Angaben alle aus einer zentralen Quelle kommen. Doch dem ist anscheinend nicht so, wie wir schon oft erlebt haben, wenn wir mal wieder verwirrt auf dem Bahnsteig standen. Unsere Bahn-App nannte andere Angaben als bahn.de im Browser auf dem Smartphone und noch mal etwas anderes stand auf der Bahnsteiganzeige.
Überfüllte Züge
Die Zeit des 9-Euro-Tickets war ein Sonderfall, dass da viele Züge überfüllt waren, kann man nachvollziehen (und die Geduld der Zugbegleiter während dieser besonders stressigen Zeit war oft bewundernswert). Doch auch ohne 9-Euro-Ticket gibt es Stoßzeiten, zu denen die Waggons überfüllt sind. Nicht nur bei der Bahn, sondern vor allem im Nahverkehr. Besonders die U-Bahn ist schnell völlig überfüllt, wenn mal ein Zug ausfällt. Wenn man dann hautnah mit völlig fremden Menschen zusammengedrängt in der U-Bahn steht, fragt man sich, weshalb man nicht schon vor der Covid-19-Pandemie Schutzmasken getragen hat. Denn gerade im Winter sind derart überfüllte Nahverkehrszüge unvergleichliche Virenschleudern.
Schlechte Taktung und zu wenig Zeit zum Umsteigen: Bahn fahren hält fit
Bahnfahren hält fit. Besonders dann, wenn die Zeit für den Umstieg zwischen zwei Zügen besonders knapp wird, weil man mit dem ersten Zug mal wieder Verspätung hat. Doch die Deutsche Bahn ist sich ihrer Verantwortung um die Gesundheit ihrer Kunden bewusst und ermöglicht den außerplanmäßigen Kreislauf- und Herz-kräftigenden Sport, wenn diese aus dem ankommenden Zug loshetzen müssen, um den Anschlusszug doch noch zu erreichen, die natürlich auf dem am weitesten entfernten Bahnsteig wartet. Das spart den Besuch im Fitnessstudio und ist anders als die Sitzplatzreservierung aufpreisfrei.
Bahnsteig im Nirgendwo I: Warten in der Kälte
Auf einem Bahnhof im Nirgendwo auf den Zug warten zu müssen, macht schon im Sommer wenig Spaß. Erst recht nicht im Winter bei eisigen Temperaturen. Und ganz besonders dann macht das keinen Spaß, weil mal wieder ein Zug ausgefallen ist. Dann steht man schon mal eine Stunde in der Kälte ungeschützt im eisigen Wind. Weil der Bahnhof schon vor Jahren geschlossen wurde. Ist man gar gerade erst aus dem Badeurlaub im sonnigen Süden zurückgekehrt und steht nun bei Minusgraden mal eben eine Stunde oder länger am Bahnhof, weil der Zug für die Weiterfahrt vom Flughafen nach Hause gecancelt wurde, dann fällt das in die Rubrik “Schockabhärtung – unser Immunsystem muss besser werden”.
Bahnsteig im Nirgendwo II: Spiel mir das Lied vom Tod
Sie kennen sicher die berühmte Eröffnungsszene des Italo-Western-Klassikers “Spiel mir das Lied vom Tod”, in der das Killerkommando an einem verlassenen Bahnhof in der Wüste auf den Zug wartet. Dieses Gefühl können Sie mit der Bahn problemlos auch in Deutschland erleben. Mit nur zwei Unterschieden: In Deutschland ist es kalt, während der Film in der heißen US-Wüste spielt. Und in Deutschland wird hoffentlich niemand am Bahnhof erschossen.
Anleitung zum Nachstellen von “Spiel mir das Lied vom Tod” in Deutschland:
- Suchen Sie sich einen kleinen Bahnhof, vielleicht irgendwo entlang der Waldbahnline im Bayerischen Wald. Zum Beispiel den Bahnhof in Spiegelau.
- Wählen Sie die Monate Januar oder Februar. Prüfen Sie vorher den Wetterbericht darauf, dass Schneefall angekündigt ist.
- Lassen Sie sich nachts von Bekannten, Freunden, Familienmitgliedern mit dem Auto am Bahnhof absetzen. Die Bekannten sollten dann wieder wegfahren und Sie allein zurücklassen.
- Stehen Sie dann einsam und verlassen auf dem verschneiten Bahnsteig, vor dem aufgegebenen Bahnhofsgebäude und warten Sie im Schneegestöber auf den Zug, der hoffentlich irgendwann kommt. Diese unglaubliche Ruhe, wenn dicke Schneeflocken langsam zu Boden sinken und Sie absolut nichts um sich herum hören, außer dem Knarzen Ihrer Schuhe im Schnee: Unbezahlbar.
Gar keine Durchsagen
Das ungeplante Warten auf dem Bahnsteig lässt sich noch steigern: Durch Unwissenheit. Wenn man also auf dem Bahnsteig steht und nur erfährt, dass der Zug, in den man eigentlich längst einsteigen wollte, nicht kommt. Doch wann ein Ersatzzug kommt: Keine Ahnung. Weder App noch die Bahnsteiganzeige wissen Rat. Also heißt es einfach mal warten.
Heizung, die im Winter nicht funktioniert
Wann hat in Ihrem Auto das letzte Mal die Heizung nicht funktioniert? Vermutlich war das noch nie der Fall, außer Sie fahren ein sehr altes Fahrzeug. Doch wer häufig die Bahn nutzt, kennt das Fahren ohne Heizung durchaus. Wenn man Glück im Unglück hat, dann funktioniert die Heizung wenigstens noch in ein paar Waggons. Dorthin können Sie dann flüchten, vermutlich haben Sie dann aber keinen Sitzplatz mehr und in Sachen Covid-19- und Influenza-Vermeidung ist es suboptimal, wenn sich viele Menschen in einem Waggon drängeln. Doch das ist wohl immer noch besser als Frieren.
Klimaanlagen, die nicht funktionieren
Genauso zuverlässig, wie in vielen Zügen im Winter die Heizung ausfällt, versagt an heißen Sommertagen die Klimaanlage in den Zügen. Aber sehen wir das doch mal positiv: Für viele Menschen, die im Berufsleben ständig mit neuen und sich verändernden Herausforderungen konfrontiert sind, ist es eine Wohltat, wenn eine Sache immer gleich bleibt und man sich nicht ständig umstellen muss. Und wenn es nur die defekten Klimaanlagen der Deutschen Bahn AG sind …
Defekte U-Bahnen
Wir wissen nicht, wie oft wir schon die Laufschrift auf der Bahnsteiganzeige der Münchner Verkehrsbetriebe (MVG) gelesen haben: Eine U-Bahn ist ausgefallen und deshalb kommt es zu Verspätungen. Das bedeutet nicht nur zusätzliche Wartezeit, sondern auch eine völlig überfüllte nächste U-Bahn. Covid-19, Influenza und intensiver Schweißgeruch lassen grüßen.
Trotzdem gehören diejenigen, die wegen einer defekten U-Bahn länger auf dem Bahnsteig warten müssen, noch zu den Glücklichen. Erheblich unangenehmer ist es nämlich, wenn man sich in der defekten U-Bahn befindet. So ein Aufenthalt in einem gut gefüllten U-Bahnwagen, der mal eben 30 Minuten im Tunnel steht, hat erhebliches Nervenstrapazierpotenzial. Man kann die langsam kippende Stimmung im Wagen förmlich fühlen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
Achtung Winter: Mit Schneefall konnte nicht gerechnet werden
Es gehört zu den Kuriositäten des Nahverkehrs: Sobald die ersten Schneeflocken fallen, verspätet sich die U-Bahn. Diese fährt bekanntlich unter der Erde, trotzdem führt der Wintereinbruch gefühlt jedes Jahr zu verspäteten U-Bahn-Zügen. Wir können uns das nur so erklären: Einige U-Bahnen-Linien verlassen gegen Ende ihrer Strecke die unterirdischen Tunnel und fahren dann oberirdisch. Das ist beispielsweise bei der U6 in München Richtung Garching-Forschungszentrum der Fall. Dort ist die U-Bahn natürlich den Witterungsbedingungen ausgesetzt. Führt das dann beim ersten Schneefall zu einem Rückstau, die sich dann auch auf andere U-Bahnlinien auswirken?

Hans-Christian Dirscherl
Lokführer, die über den Lautsprecher Passagiere beschimpfen
Wir haben bereits freundliche und hilfsbereite U-Bahn-Fahrer erwähnt, die ihren Fahrgästen per Lautsprecher durchsagen, in welche Richtung sie fahren und dass die Fahrgäste die völlig irreführenden Anzeigen auf den Bahnsteigen ignorieren sollen. Doch es gibt auch das Gegenteil. Wir werden jedenfalls nie vergessen, wie ein Fahrer der U6 im U-Bahnhof “Münchner Freiheit” hielt und einen Passagier, der gerade aus der U6 ausstieg, über seinen Lautsprecher beschimpfte (den Hintergrund für den Streit sowie das, was offensichtlich bereits vorgefallen war, kennen wir nicht). Alle auf dem Bahnsteig und in der U6 Anwesenden hörten zu. Der Passagier, ein Herr, wiederum marschierte erregt an den Zuganfang, bis er neben der Kabine des Fahrers stand (deren Tür blieb wohlweislich geschlossen) und beschimpfte durch das Glas den Fahrer. Solche Szenen können sich vermutlich nur in München abspielen, der ehemaligen selbst ernannten Weltstadt mit Herz.
Konspirative Absprachen, bis fast die letzte U-Bahn weg ist
Zugbegleiter, Fahrdienstleiter und Lokführer treffen in Deutschland durchaus mal konspirative Absprachen, die einen Zug einfach mal so länger in einem kleinen Bahnhof stehen lassen. Diese Art von fast schon südländischer Lässigkeit erlebten wir vor langer Zeit im Norden von München. Es war vermutlich der Bahnhof in Feldmoching, wo unser Zug kurz nach Mitternacht anhielt und stand. Und stand. Und stand. Außerplanmäßig und ohne erklärende Durchsage. So langsam wurden die Zugreisenden nervös, niemand wartet gerne mitten in der Nacht in einem Zug, wenn das Ziel der Bahnfahrt, der Münchner Hauptbahnhof, nur noch wenige Kilometer entfernt ist. Zumal so langsam die letzten U-Bahnen vom Hauptbahnhof losfahren – auch ich wurde deswegen unruhig. Verpasst man diese letzte U-Bahn, dann sitzt man am Hauptbahnhof fest oder muss ein teures Taxi nehmen.
Irgendwann nach langer Wartezeit hetzt plötzlich ein Bahnbediensteter mit Reisetasche den Bahnsteig entlang und steigt in unseren Zug ein. Ganz offensichtlich hatte der Zug auf diesen Mann gewartet, damit der Herr nach München mitfahren kann. Zumindest mitten in der Nacht, wenn fast keine anderen Züge mehr fahren.
Als unser Zug endlich losfuhr Richtung München, machte sich nicht nur Erleichterung im Zug breit. Sondern auch reichlich Aggression. Der Zugbegleiter, ein größerer schlanker Herr, wurde in seinem Abteil von einer Meute erboster männlicher Fahrgäste belagert und beschimpft. Was er sich dabei gedacht habe, den Zug einfach so lange warten zu lassen, schrien ihn die erregten Fahrgäste an. Man werde sich über ihn beschweren, drohten andere der verärgerten Fahrgäste. Der Schaffner reagierte nur mit stoischem Schweigen. Zu Handgreiflichkeiten kam es zum Glück nicht.
Ich erreichte auf den letzten Drücker die letzte U-Bahn meiner Linie.
Zur Startseite
➤ Ähnliche Beiträge für 'Bahn/öffentlicher Nahverkehr: Das nervt wirklich jeden'
Bahn/öffentlicher Nahverkehr: Das nervt wirklich jeden
vom 630.19 Punkte
Eigentlich sind der öffentliche Nahverkehr (Öffi) und die Bahn das perfekte Verkehrsmittel, gerade in Zeiten hoher Kraftstoffpreise. Man steht nicht im Stau und kann während der Fahrt lesen oder arbeiten oder einfach nur abschalten. Eigentlich …
Deutsche Bahn startet Deutschlandticket-Verkauf: Nicht vorschnell kaufen!
vom 247.88 Punkte
Die Deutsche Bahn startet am 3. April 2023 den Verkauf des Deutschlandtickets alias 49-Euro-Ticket. Das teilte der Konzern heute mit.
Bahn bietet die gleichen Konditionen wie alle anderen Anbieter
Ab Montag, 3. April, können Kunden das digitale Abonnement bei der DB abschließen. E
Braucht man 2023 überhaupt noch ein eigenes Auto? Vorteile und Nachteile
vom 241.62 Punkte
Während sich EU, Bundesverkehrsminister Volker Wissing und die Ampel-Koalition um das Verbrenner-Aus in der EU ab 2035 und um E-Fuels zanken, immer neue Automobil-Hersteller immer mehr E-Autos vorstellen – beispielsweise VW sein erstes E-Auto unter 25.000 Euro – und E-Scooter in so ziemlich jeder Stadt immer irgendwem im Weg stehen, befindet sich das Deutschlandticket (49-Euro-Ticket) auf der Zielgeraden. Damit wird das Fahren mit dem Zug für viele Menschen besonders günstig und bequem.
Öffentlicher Nahverkehr in Berlin: Datenschutzbeauftragte kritisiert Stigmatisierung von Menschen mit geringem Einkommen
vom 151.42 Punkte
Maßnahmen in der Corona-Pandemie führen dazu, dass Arbeitslose und Bezieher:innen von Hartz4 bei Kontrollen im öffentlichen Nahverkehr bloßgestellt werden und Kontrolleuren unnötig viele Daten preisgeben müssen. Jetzt kommt Kritik von Berlins Datenschutzbeauftragter.
Bahnkunden sollten mit App oder bahn.de ihre Verbindung überprüfen – der Grund
vom 130.83 Punkte
Update 23.11.2022: Weitere Einschränkungen möglich
Die Deutsche Bahn hatte von Juli bis Ende August 2022 vorsorglich bundesweit rund 200.000 Schwellen eines bestimmten Bautyps und Herstellers überprüft (siehe unten). Die Bahn schreibt dazu: „Nun
Bahn: So finden Sie ab sofort schneller einen freien Sitzplatz
vom 122.07 Punkte
Fahrgäste sollen bald leichter und schneller einen freien Sitzplatz in Zügen der Deutschen Bahn finden. Denn die Deutsche Bahn führt Echtzeit-Auslastungsanzeigen auf ersten Strecken im Regionalverkehr ein. Die auf den Bahnsteigen wartenden Fahrgäste sol
Deutschlandticket/49-Euro-Ticket: Das müssen Sie wissen – FAQ
vom 120.93 Punkte
Wie heißt das neue Ticket?
“Deutschlandticket” ist die offizielle Bezeichnung des faktischen Nachfolgers des 9-Euro-Tickets. In der Regel dürften die meisten Menschen das neue Ticket aber als 49-Euro-Ticket bezeichnen.
Wie viel kostet da
49-Euro-Ticket: In diesen Nahverkehrszügen gilt es nicht – Vorsicht!
vom 113.9 Punkte
Die Deutsche Bahn AG bleibt sich treu: Genauso wie schon beim 9-Euro-Ticket, gilt auch das 49-Euro-Ticket/Deutschlandticket nicht in allen Nahverkehrszügen. Obwohl das Deutschlandticket doch eigentlich im gesamten Nahverkehr gelten soll. Die Erklärung der Bahn.
Da diese Linie vom DB Fer
Deutsche Bahn: Fernzüge werden nicht für 5G nachgerüstet
vom 99.59 Punkte
Der neue Mobilfunkstandard 5G verspricht hohe Datenraten und eine stabile Verbindung – Attribute, die Bahnreisende wohl nicht mit der Erfahrung in Fernzügen der Deutschen Bahn verbinden, wie auch unser Test von Paramount+ im ICE zeigt. Und das wird ers
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (3)
vom 95.8 Punkte
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (3)
Redaktion IT-A…
Mo., 19.12.2022 - 00:00
Wollen Unternehmen v
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (2)
vom 95.8 Punkte
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (2)
Redaktion IT-A…
Mo., 12.12.2022 - 00:00
Wollen Unternehmen v
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (1)
vom 95.8 Punkte
Migration Öffentlicher Ordner zu Office-365-Gruppen (1)